Sprachentwicklung: Babys lernen spielend
Eltern staunen immer wieder darüber, wie spielend leicht Kinder das Sprechen lernen. Nach einiger Zeit scheinen sie, von ganz alleine damit anzufangen. Ganz so einfach ist es freilich nicht. Der Spracherwerb ist auch bei den lieben Kleinen ein hoch komplexer Vorgang. Auch wenn es nicht so aussieht: Euer Nachwuchs leistet wahre Schwerstarbeit.
Sprachforscher und Pädagogen erforschen die Sprachentwicklung von Babys
Sprache bildet die Grundlage unserer Zivilisation. Ohne sie wäre es nicht möglich, Wissen und Weisheit, Erfahrung und Erkenntnisse von einem Menschen zum anderen oder von Generation zu Generation weiterzugeben. Es ist unsere Sprache, die uns unsere komplexen, selbstreflektiven Denkmuster überhaupt erst ermöglicht. Daher ist der frühkindliche Spracherwerb auch ein zentrales Thema für Sprachforscher und Pädagogen. Sie erforschen, wie genau das Erlernen von Sprache vor sich geht.
Fest steht, dass es beim Baby spielerisch und quasi nebenher funktioniert, während wir Erwachsenen mühsam Vokabeln und Grammatik pauken müssen. Jeder, der im Erwachsenenalter mal eine Fremdsprache gelernt hat, wird das bestätigen können. Der Erwerb der Sprache scheint unseren Kindern dagegen regelrecht in die Wiege gelegt zu sein.
Eine weitere zentrale Erkenntnis ist, dass der Spracherwerb eines Kindes zu einem Großteil davon abhängt, wie viele Wörter es am Tag hört – unabhängig vom sozialen Status der Eltern. Je mehr ihr mit eurem Kind redet, desto schneller und besser lernt es sprechen.
Auswertung von Gesprächen der Eltern mit ihrem Nachwuchs
Für die Erkenntnis, dass der Spracherwerb eng damit zusammenhängt, wie viel Wörter das Kind zu hören bekommt, werteten Wissenschaftler aus, in welchem Umfang Eltern zuhause mit ihren Kindern sprachen. Je mehr dies stattfand, desto mehr konnte das Gehirn des Kindes davon profitieren. Wichtigste Voraussetzung: Die Eltern mussten sich dabei einer kindgerechten Sprache bedienen, und nicht in Erwachsenensprache mit ihm kommunizieren. Das aber tun fast alle Eltern ohnehin ganz automatisch. Auch wenn die Vermutung naheliegt, dass es dem Kind dabei helfen könnte, die Sprache gleich „richtig“ zu lernen, wenn man ganz normal mit ihm spricht, kommt eigentlich niemand auf diese Idee. Wohl jeder Erwachsene passt seine Sprache im Umgang mit einem Baby oder Kleinkind automatisch an. Dies betrifft nicht nur die verwendeten Worte, sondern auch und gerade die Intonation, also die Sprachmelodie. Oftmals werden die Höhen und die Tiefen besonders deutlich betont. Dies hilft dem Kind, aufmerksam zu bleiben. Das ist ganz normal und offensichtlich auch gut so.
Das bedeutet allerdings nicht, dass mit dem Kind ausschließlich und permanent in Babysprache geredet werden soll. Verkürzte und somit grammatikalisch falsche Sätze sind beispielsweise eher schädlich, wenn das Kind zum richtigen Sprechen animiert werden soll. Einfache, korrekte Sätze, so scheint es, sind hier am hilfreichsten.
Dialoge sind für die Sprachentwicklung förderlich
Außerdem wurde wurde von Wissenschaftlern untersucht, welche Auswirkungen Dialoge zwischen Eltern und Kind, aber auch zwischen Gleichaltrigen oder unter Geschwisterkindern haben.
Das Fazit: Kinder lernen besser und schneller, wenn die Eltern nicht ausschließlich auf sie einreden, sondern wenn ein Dialog stattfindet. Das geht natürlich erst dann, wenn das Kind bereits in der Lage ist, ein paar Sätze zu reden.
Das Broca-Areal im Hirn des Kindes
Das Broca-Areal ist ein wichtiger Teil des Sprachzentrums im menschlichen Gehirn. Es steuert nicht nur die Sprachmotorik, sondern ist auch für die Lautanalyse zuständig. Es arbeitet eng mit dem Wernicke-Areal zusammen, das seinerseits für das semantische Sprachverständnis verantwortlich ist. Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass Kinder, die sich oft mit ihren Eltern unterhielten, ein besser ausgeprägtes Broca-Areal besaßen.
Deklaratives und prozedurales Gedächtnis
Wenn wir eine Sprache lernen, nutzen wir zwei verschiedene Bereiche unseres Gedächtnisses: das deklarative Gedächtnis und das prozedurale Gedächtnis. Zwischen beiden gibt es eine klare Aufgabenteilung:
Das deklarative Gedächtnis funktioniert wie ein Datenspeicher. In ihm speichern wir Faktenwissen und Erinnerungen..
Im prozeduralen Gedächtnis speichern wir hingegen Fertigkeiten und Abläufe, die wir automatisch abspulen können, ohne groß über sie nachdenken zu müssen, z. B. Fahrradfahren, Klavierspielen oder Schwimmen.
Beim Erlernen einer Sprache werden beide Gedächtnisformen benötigt. Das Erlernen einzelner Wörter erfolgt über das deklarative Gedächtnis. Grammatik wandert jedoch mit der Zeit vom deklarativen zum prozeduralen Gedächtnis.
Wer als Erwachsener eine Sprache lernt, nutzt für die Grammatik zu Beginn nur das deklarative Gedächtnis. Erst wenn die Sprache einigermaßen sicher beherrscht wird, kommt das prozedurale Gedächtnis als „Sprachgefühl“ ins Spiel. Das Erlernen der Vokabeln bleibt hingegen die Aufgabe des deklarativen Gedächtnisses.
Es stimmt: Kinder lernen die Sprache von ganz alleine. Dennoch könnt ihr als Eltern euer Kind dabei unterstützen. Gute Sprachfähigkeiten sind im späteren Leben schließlich niemals ein Nachteil.
Viele Eltern warten sehnlichst auf die ersten Worte ihres Kindes. Es ist eine wundervolle Erfahrung, wenn das Kind zum allerersten Mal „Mama“ und „Papa“ sagt.
Quelle:
baby-und-familie.de: So funktioniert das Sprechen lernen