Berührungsempfinden: Babys brauchen Berührungen

Berührungen können beim Menschen sehr viel bewirken. Sie stärken die Bindung und sorgen für eine Ausschüttung des Glückshormons Oxytocin. Das funktioniert auch schon bei den Allerkleinsten. Tatsächlich ist das Berührungsempfinden eine wichtige Grundlage für die weitere Entwicklung.  

Berührungsempfinden – Der Draht zur Außenwelt 

Hautkontakt ist für Babys genauso wichtig wie Nahrung. Jede einzelne Berührung von Mama oder Papa hat auf das Baby eine regelrecht magische Wirkung. Hautkontakt, so weiß man heute, stärkt das Immunsystem und macht psychisch stark. Kinder, die niemals Hautkontakt bekommen, sondern nur gefüttert und gewickelt werden, verkümmern hingegen. Außerdem sind die ersten Zärtlichkeitserlebnisse auf der Haut eine wichtige Basis für die spätere Sexualität. 

Babys erstes Erlebnis ist die Berührung

Der Tastsinn des Babys gehört zu den allerersten Sinnen, die der Mensch ausbildet. Er wird vor allen anderen Sinnen aktiv, lange bevor der Fötus hören oder riechen kann. Bereits in der achten Schwangerschaftswoche reagiert er auf taktile Außenreize, etwa wenn Mama oder Papa die Hand auf Mamas Bauch legen.

Mutter berührt Baby am Rücken

Unser Berührungsempfinden 

Unsere Haut ist unser größtes Sinnesorgan und bei der Geburt besser ausgebildet als alle anderen. Schon im Mutterleib erfährt das Ungeborene sanfte Berührungen – vom umgebenden Fruchtwasser und beim Kontakt mit den Wänden der Gebärmutter. Auch nach der Geburt bleibt der Tastsinn für eine Weile der dominante Sinn, über den die Kinder die Welt primär erfahren.  

Schon in der fünften Schwangerschaftswoche kann ein Embryo Berührungen der Lippe oder der Nase spüren – zu dem Zeitpunkt weiß die Mutter oftmals noch gar nicht, dass sie überhaupt schwanger ist! Dieses frühzeitige Anlegen des Sinnes ist ein Indiz dafür, was für eine enorme Rolle er in unserem ganzen Leben spielen wird.

Verglichen mit dem schon recht komplexen Berührungsempfinden eines Neugeboren ist dieser Sinn beim Embryo allerdings noch wenig entwickelt. Dennoch: Schon ab der 12. Woche kann der Embryo bereits an der gesamten Hautoberfläche Reize empfinden und erkennen. Ab der 20. Woche beginnt das Daumenlutschen, eine intensive Berührungserfahrung.

Die Bedeutung des Tastsinns erschließt sich sofort, wenn man sich vor Augen führt, was für eine Fülle von Informationen dieser Sinn übermittelt: Hitze, Kälte, Beschaffenheit von Gegenständen, Schmerz, Genuss und sogar räumliche Orientierung.

Oxytocin 

Sanfte Berührungen machen glücklich. Aber warum ist das so?

Nach seiner Geburt empfindet das Baby bei allen angenehmen Berührungen Glücksgefühle: beim Stillen, beim Körperkontakt, bei der Körperpflege oder beim Kuscheln mit Mama oder Papa. Grund dafür ist, dass dabei das Liebeshormon Oxytocin ausgeschüttet wird – mit weitreichenden Folgen: Oxytocin bewirkt, dass sich das Baby entspannt. Es sorgt für ein Gefühl der sozialen Verbundenheit, wirkt positiv auf Ängste und den Blutdruck, senkt den Kortisolspiegel und regt das Nervenwachstum an. Oxytocin hat ganz zu Recht einen Ruf als Bindungshormon, einige sprechen gar von einem Kuschelhormon

Auch beim Geburtsprozess spielt Oxytocin eine zentrale Rolle. Es sorgt dafür, dass die Mutter die schmerzhaften Wehen viel besser ertragen kann. Nach der Geburt steuert es den Reflex der Milchausschüttung und verstärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind.

Oxytocin ist quasi der Gegenspieler von Stresshormonen wie Adrenalin oder Cortisol. Diese lassen den Blutdruck steigen und versetzen uns in Stress. Dagegen sorgt Oxytocin für Beruhigung, Entspannung und Besänftigung.

Für einen guten und gesunden Start ins Leben ist es daher wichtig, dass ihr als Eltern eurem Nachwuchs viel Zuwendung und Berührung zukommen lasst. Im Übrigen spielt die Sehnsucht nach Berührung und Hautkontakt aber nicht nur bei Babys und Kindern eine große Rolle. Sie ist vielmehr ein existentielles Grundbedürfnis aller Menschen – egal wie alt.

Mutter stillt Baby an der Brust

Auch ohne Stillen Bindung aufbauen

Die bindungsfördernde Wirkung des Stillens ist allgemein bekannt. Allerdings gibt es auch Mütter, die ihr Baby aus verschiedenen Gründen nicht stillen können. Doch auch diesen Frauen kann es gelingen, eine starke Bindung zu ihrem Kind aufzubauen: durch ausreichend Körperkontakt. So kann die Mama ihr Baby beim Fläschchengeben einfach nackt auf ihren nackten Oberkörper legen. Der Vorteil: Das geht auch beim Papa. Wird das Baby dabei zärtlich gestreichelt, erhält es die klare Botschaft: Mama und Papa lieben mich.

Welche positiven Folgen haben Berührungen noch? 

Doch Berührungen stärken nicht nur die Bindung, sondern haben darüber hinaus noch viele weitere wohltuende Effekte. Die Muskeln des Babys entspannen sich, und es fühlt sich wohl und geborgen.Körperkontakt hilft auch bei Saugverwirrung. Außerdem werden die kindlichen Entwicklungsprozesse beschleunigt: Das Kind wächst besser, sein Immunsystem wird gestärkt und seine Körperfunktionen sind weniger anfällig für Störungen. Kinder, die sich frühzeitig geliebt fühlen, entwickeln ein positives Körpergefühl und mentale Stärke. Berührungen sind für eine gesunde Entwicklung also ähnlich wichtig wie Nahrung.   

Das gilt übrigens für das gesamte Leben. Auch für Mama und Papa ist der Hautkontakt wichtig, und wenn sie ihr Baby berühren, massieren und streicheln, wirkt das wie ein regelrechter Jungbrunnen.

Allerdings hat ein Mangel an Berührung entsprechend negative Folgen. Babys, die gänzlich ohne Liebe und Berührung aufwachsen tragen im Laufe der Zeit schwere Verhaltensstörungen davon und sterben sogar an diesem Mangel – obwohl es ihnen sonst an nichts fehlt 

Mit dem Baby durch Berührung kommunizieren 

Die allererste Kommunikation zwischen den Eltern und dem Kind findet über Berührungen statt – durch die Bauchdecke. In der Schwangerschaft nehmen Eltern mit ihrem Baby Kontakt auf, indem sie den Bauch berühren und das Baby ertasten. Je größer das Baby wird, desto enger wird es in der Gebärmutter und desto mehr nehmen sowohl die Mutter als auch das Baby die gegenseitigen Berührungsreize wahr. Es ist ein unvergesslicher Moment, wenn die Eltern das erste Mal spüren, wie das Kind im Mutterleib auf ihre Berührungen antwortet.

Bindung nach der Geburt durch Berührung 

Außerhalb des mütterlichen Bauches ist das Leben für ein Neugeborenes zunächst in erster Linie kalt, ungemütlich, laut, schrill und beängstigend. Ist das Kind ängstlich oder hungrig, wird es weinend oder schreiend nach elterlichem Beistand verlangen. Es reicht dann jedoch nicht, wenn Mama oder Papa beruhigend auf das Baby einreden. Es braucht jetzt vor allem Hautkontakt. Dadurch werden die besagten Hormone freigesetzt, und es kann sich wieder beruhigen.  

Baby schläft

Die Haut als primäres Sinnesorgan

Liebevolle Berührungen sind der primäre Kanal, über den das Kind in der ersten Zeit Liebe und Geborgenheit erfährt. Hautkontakt ist für das Kind ein ganz wichtiger Faktor für die gesunde Entwicklung von Nervenzellen, des Nervensystem als Ganzes und des Gehirns.

Allerdings bleiben Hautkontakt und Berührungen darüber hinaus das ganze Leben lang wichtig für uns. Wer mit viel Hautkontakt aufwächst, wird später ausgeglichener und weniger stressanfällig. Außerdem kann er zu seinen Mitmenschen besser Vertrauen aufbauen als andere Menschen. Die Haut speichert nämlich die Erinnerung an Berührung und Zuwendung ab und aktiviert diese dann in späteren Situationen beim Umgang mit anderen Menschen.

Und auch im fortgeschrittenen Alter bleiben Berührungen ein fundamentales Bedürfnis. Wir brauchen sie, um unsere geistige und körperliche Gesundheit aufrechtzuerhalten.

Wie können Eltern diese erste Bindung noch intensivieren? 

Hautkontakt und Nähe stärkt die Bindung zum Kind. Daher empfiehlt sich gerade im ersten Lebensjahr, das Baby viel umherzutragen, es bei euch im Bett schlafen zu lassen oder  ihm häufiger mal eine Babymassage zu gönnen. Solche Berührungen gehen eurem Baby regelrecht unter die Haut, und es wird sein ganzes späteres Leben davon profitieren

Ihr schadet eurem Kind also nicht oder verderbt seinen Charakter, weil ihr es angeblich verwöhnt. Tatsächlich stärkt ihr es und legt eine Grundlage für späteren Lebenserfolg.  

Auch kurzzeitiges Ignorieren verursacht in Babys Stress

In einem Experiment, das vor einigen Jahren in Kanada durchgeführt wurde, zeigte sich, dass Babys Stress empfinden, wenn sie von ihrer Bezugsperson ignoriert werden – und sei es auch nur kurzzeitig. Aber nicht nur das: Sie können sich später sogar daran erinnern!

Bei dem Versuch wurden 30 Babys in Autositze gesetzt und in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Mütter der einen Gruppe beschäftigten sich wie gewohnt mit ihren Kindern. Die Mütter der anderen Gruppe hingegen unterbrachen die Spielphasen mehrere Male für etwa 2 Minuten. In diesen Pausen sollten sie ausdruckslos über ihr Kind hinweg in den Raum starren.

Am darauffolgenden Tag wurden alle 30 Säuglinge erneut ins Labor eingeladen. An beiden Tagen wurde der Kortisolspiegel der Kinder mehrfach gemessen. Diejenigen Kinder, die am ersten Tag von der Mutter ignoriert wurden, zeigten schon am ersten Tag erhöhte Konzentrationen von Kortisol. Am nächsten Tag stiegen die Cortisol Werte interessanterweise sofort an, ohne dass sie an diesem Tag bereits ignoriert worden waren.

Das zeigt, dass sich die Babys an die Situation am Vortag erinnerten und befürchteten, es könne ihnen ein weiteres Mal so ergehen.

Sie verknüpften das Labor mit einer stressigen Situation, was sich an ihrem Kortisolspiegel ablesen ließ.

Säuglinge sind also in der Lage, Umgebungen mit darin gemachten negativen Erfahrungen zu verknüpfen. Finden sie sich erneut in so einer Umgebung wieder, reagieren sie mit Stress. Stress ist allerdings schädlich für das Immunsystem und kann sogar die Mutter-Kind-Beziehung schädigen. Zu häufiger Stress hat auch schon bei Babys einen negativen Effekt auf ihre Gesundheit und die Entwicklung insgesamt.

Das Team von swing2sleep wünscht eine wundervolle Babyzeit mit vielen schönen Momenten des Kuschelns. 

 

Quellen: 

  • Eliot, L. (2003): Was geht da drinnen vor? Die Gehirnentwicklung in den ersten fünf Lebensjahren. – 4. Aufl. Berlin: Berlin.  
  • Burgdorf, J./Panksepp, J. (2006): The neurobiology of positive emotions. In: Neuroscience and Biobehavioral Reviews 30 (2006) 173–187, online: http://gruberpeplab.com/teaching/psych231_fall2013/documents/231_BurgdorfPanksepp2006.pdf 
  • Uvnäs-Moberg, K. (2006): Physiological and Endocrine Effects of Social Contact In: Annals of the New York Academy of Sciences Volume 807, Integrative Neurobiology of Affiliation. 

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